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Vorsprung hochnäsig vergeigt

Hannes Britschgi - unser Mann in Bern
Wer die ganze Macht will, tut alles, um sie zu kriegen. Nicht so Theresa May. Ihr Wahlkampf war eine einzige Verweigerung. Grossbritanniens Premierministerin ist mit einem 20-Prozentpunkte-Vorsprung gestartet. Heute, am Wahltag, muss sie und ihre konservative Tory-Partei zittern, weil der angepeilte Erdrutschsieg alles andere als sicher ist. May wollte eine satte Mehrheit und damit ein klares Mandat für den harten Brexit. Sie hatte die Wahl ganz auf ihre Person zugeschnitten. Aber sie verweigerte sich einer direkten TV-Debatte mit ihrem Labor-Kontrahenten Jeremy Corbyn. Ebenso liess sie sich von direkten Begegnungen mit Wählern abschirmen. Und sie weigerte sich, ihre Leerformeln wie «Brexit ist Brexit» mit konkreten Inhalten auszufüllen. Stattdessen verrannte sie sich in der Sozialpolitik. Den Rentnern will sie die Heizkostenpauschale streichen. Für die Pflegefallkosten kündigte sie den Durchgriff auf die Familienvermögen an. Diese «Demenz-Steuer» flog ihr derart um die Ohren, dass sie die Idee sofort zurückziehen musste. Gestern versuchte sie sich noch in letzter Sekunde als «Eiserne Lady» gegen den Terror zu positionieren. Das Verdikt der Briten über Mays Wahlkampf fällt heute Nacht.