Liebe Joëlle, kennst du Männer deines Alters, die Briefmarken oder Bierdeckel sammeln, auf dem Estrich die Gotthardbahn nachbauen? Junge Damen, die aquarellieren, töpfern, im Kirchenchor singen? Braucht ihr noch Steckenpferde, die neben dem Beruf den Alltag bereichern und für eure Identität unabdingbar sind? Irre ich mich, wenn ich behaupte, dass harmlose Liebhabereien von euch nicht mehr benötigt werden, damit ihr euch «ausgefüllt» fühlt?
Lieber Herr Ramspeck
Ich krame meinen Bekanntenkreis durch und stelle dasselbe fest. Als wir jünger waren, hatten wir alle Hobbys. Ich probierte Violine, Ballett, Akrobatik, ging jeden Mittwoch in den Mal- und Töpferkurs, durfte viele Jahre reiten. Geblieben ist von all dem nichts. Ich glaube, das erklärt sich aus drei Tatsachen. Erstens liessen uns unsere Eltern mit einem Hobby anfangen und aufhören, wann immer wir wollten. Disziplin im Umgang mit Freizeitgestaltung haben wir nicht erfahren. Zweitens hat das Internet den Komfort des Zuhausebleibens angehoben. Wir brauchen keine Hobbys mehr, um uns in unseren vier Wänden unterhalten zu fühlen. Drittens setzt ein Hobby eine Verbindlichkeit voraus, auf die sich kaum einer meines Alters mehr einlassen möchte. Man möchte weder zu- noch absagen. Man kommt «vielleicht». So überlebt kein Hobby.